Geschichte und Geschichten
GLAUBENSGESCHICHTE
DIE GLAUBENSGESCHICHTE
Die Glaubensgeschichte
Schon sehr früh im 16. Jahrhundert war die Ramsau evangelisch. Sächsische Knappen, die in den Schladminger Tauern arbeiteten, brachten auch den benachbarten bäuerlichen Gemeinden lutherische Bücher und Schriften. Die soziale und religiöse Bauernrevolte, die von Tirol und Salzburg ausgehend in Schladming eine Hochburg fand, wurde von den Ramsauern genau beobachtet. Die nachfolgende Zerstörung von Schladming als Strafe förderte die Abneigung gegen die etablierte römische Kirche sowie die Staatsmacht. Nach anfänglicher Nachgiebigkeit wurde die Gegenreformation durch das herrschende streng katholische Habsburgerhaus am Ende des 16. Jahrhunderts mit aller Härte durchgezogen. Unter militärischer Bedeckung zwangen die Religionskommissionen die Bevölkerung rücksichtslos, sich für den Katholizismus zu erklären.
Trotzdem gelang es nicht, alles protestantische Leben auszulöschen. Denn in entlegenen Gegenden des Landes – so insbesonders auch in der Ramsau – bewahrten viele Menschen nach oberflächlicher Scheinbekehrung ihre evangelische Glaubensüberzeugung. Über Schärding nach Gosau und dem Dachstein wurden weiterhin deutsche Luther-Bibeln in die Ramsau geschmuggelt. Heimliche Andachten wurden in der Mayerhoferscheune und auf dem Predigtstuhl gehalten. Man versteckte die Bücher und las sie insgeheim. Erst das Toleranzpatent von Kaiser Josef II. (1781) ermöglichte 1782 die Gründung der ersten österreichischen Toleranzgemeinde mit dem Süddeutschen Prediger Samuel Carl Tobias Hirschmann. Von 130 Familien waren damals 127 evangelisch.
Das Bethaus
Das Toleranzpatent erlaubte nicht den Bau einer Kirche, wohl aber eines Bethauses nach genauen Vorschriften – ohne Turm und ohne straßenseitigen Eingang. Mit unerhörtem Eifer gehen die Ramsauer daran, ein solches zu errichten. Im April 1783 wird unter der Leitung eines Maurermeisters aus Radstadt mit dem Bau begonnen. Die Ramsauer bringen alle Materialien wie Holz, Stein, Kalk usw. auf und stellen ihre Arbeitskraft in den Dienst der Sache. Das Bethaus wird solide und geräumig ausgeführt und mit einem Kostenaufwand von 3475 Gulden (zum Vergleich: der Jahreslohn eines Knechts betrug 4 – 6 Gulden) in der unglaublichen Bauzeit von nur etwa drei Monaten fertiggestellt. Pfarrer Kotschy berichtet dazu, „daß viele Gemeindeglieder äußerten, sie spürten ihre Beiträge zum Bethausbau nicht, da die Ernte des Vorjahres sehr fruchtbar gewesen war, und käme noch ein so fruchtbares Jahr, so vermöchten sie wohl noch ein solches Bethaus zu bauen.“
Trotz einiger Umgestaltungen ist das Bethaus im wesentlichen bis heute in seinem ursprünglichen Bestand erhalten geblieben. In Vorbereitung auf das Kirchweihfest 1995 wurden die Gemeinderäume neu hergerichtet und werden in dieser Gestalt für hoffentlich viele Jahrzehnte ein reges Gemeindeleben beherbergen.
Die Kirche
Endlich unsere eigene Kirche. Nach der Gewährung voller Gleichberechtigung für die Evangelische Kirche in Österreich durch das Protestantenpatent Kaiser Franz Josefs I. von 1861 ist die große Aufgabe, die sich die Ramsauer stellen, der Bau eines Gotteshauses. Unter Pfarrer Carl Hilpert wird dieses Projekt in den Jahren 1888 bis 1895 verwirklicht.
GLAUBENSGESCHICHTE
EVANGELISCHE KIRCHE ZU RAMSAU AM DACHSTEIN
Nach den Plänen von Architekt Hans Kieser aus Nürnberg wird die Kirche in neuromanischem Stil mit einem klassischen Kreuzgrundriss erbaut. Das Längsschiff misst 39 m, das Querschiff 24,5 m. Der Kirchturm ist 42 m hoch und muss auf 9 m lange Holzpiloten gegründet werden, um auf dem lockeren Schwemmlanduntergrund die notwendige Standfestigkeit zu erreichen. Die aufwändige Fundamentierung der gesamten Kirche, die von Anfang an die Baukosten wesentlich erhöht, ist nur eine von vielen Schwierigkeiten, die die kleine, damals rein bäuerliche Ramsauer Pfarrgemeinde mit Wagemut und Opferbereitschaft bewältigen muss.
Das Steinmaterial für den Kirchbau wird in der Kramllahn in der Ramsau gebrochen, dort behauen und im Winter in Robotarbeit mit Ochsenschlitten zum Bauplatz geschafft. Dieser Stein ist für seine Härte bekannt und wurde auch für die Ramsauer Mühlsteine verwendet. Die Maurer und Steinmetze sind zum Teil Italiener, die ihre Arbeit im Frühjahr aufnehmen und im Herbst wieder gehen.
Ihr besonderes Gepräge erhält die Kirche innen durch ihre Emporen, die zur Gänze aus Holz gefertigt sind, das von den Bauern unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Der Altar zeigt das Bild des Gekreuzigten (nach Rubens), die Altarseitenbilder stellen die Apostel Johannes und Paulus dar, die Orgel ist ein Werk Hopfwiesers aus Graz. Viele Teile der Ausstattung der Kirche wie Altarbild, Taufstein, Fenster und Glocken werden vor allem durch Spenden finanziert. Die drei großen Bochumer Gussstahlglocken müssen durch den Rössinggraben in die Ramsau transportiert werden, da die Straße von Schladming in die Ramsau erst später ausgebaut wird.
Die große Hilfe des Gustav-Adolf-Vereins, der Fleiß und die finanziellen Opfer der 1300 Seelen zählenden Gemeinde ermöglichen es schließlich, die schöne Kirche mit ihren 750 Sitzplätzen nach rund siebenjähriger Bauzeit fertigzustellen. Am 15. August 1895 ist der große Tag gekommen, an dem die Ramsauer Evangelischen in feierlichem Zug in ihre Kirche einziehen können – zum Lobe und zur Ehre Gottes!
In bleibender Dankbarkeit und Anerkennung sei aller gedacht, die in kargerer Zeit als der heutigen zum Gelingen des großen Kirchenbauwerks beigetragen haben.
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JAKOB ERNST KOCH - ZIVILCOURAGE
Pfarrer Jakob Ernst Koch (1897 – 1966) – unermüdlich | mutig | prophetisch
Bruchstücke eines Lebens…
Als letzter ist er der J.-E. Koch-Dynastie der Familientradition gefolgt und hat Theologie studiert. Ab 1922 wirkte er als Vikar in Wallern, ab 1926 Pfarrer in Hallstatt, ab 1928 Pfarrer in der Ramsau a/D.
Das 1931 eingeweihte Gipfelkreuz am Scheichenspitz wird Sinnbild seines Leben. Aus seiner Bergpredigt dazu: „Torheit dünkt es manchem zu sein, sich für ein einfaches Kreuz so zu mühen, ja sein Leben zu wagen. Wer mitgetragen…hat, der weiß, es war eine schier übermenschliche Arbeit. Es war uns eine Ehre, die Last zu tragen. Jeder von uns ist ein Kreuzträger. Bekenner wie einst braucht unsere Kirche, gerade in dieser Zeit des Abfalls…Dazu gehört Mut und Liebe.“
Durch sein Engagement im Ständestaat wird er zum Außenseiter seiner Kirche. Viele Evangelische begrüßen 1938 den ‚Anschluss’ an Hitlerdeutschland. Wenige leisten Widerstand gegen das Dritte Reich. Zu ihnen gehört J.E. Koch. Er sieht prophetisch weit, erkennt im Nationalsozialismus die antichristliche Einstellung. Er wagt es, gegen den Strom zu schwimmen, nimmt Feindschaft in Kauf. Er dient unermüdlich allen, die Hilfe benötigen. Pfr. Jakob Ernst Koch wird denunziert. Das führt zum Landesverweis: Gauverbot. Die Gestapo ist hinter ihm her. Ramsauer Bauern verstecken ihn auf einer Salzburger Alm. Was das für ihn, seine Frau und Töchter bedeutet, kann niemand erahnen. Er findet Zuflucht als Pfarrer in Württemberg. Auch dort…versteckt er im Pfarrhaus eine Jüdin. Auch dort…bei Kriegsende geht er vermittelnd den Franzosen entgegen, setzt sich als Schutzschild auf einen französischen Panzer. Das Angebot, Bürgermeister zu werden, lehnt er entschieden ab. Seine Berufung sieht er als Seelsorger und Hirte.
Dipl. Päd. Monika Faes
weitere Info: www.jakobernstkoch.at
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RENOVIERUNG EVANGELISCHE KIRCHE
Renovierung der Evangelischen Kirche Ramsau zu Dachstein (2008)
Nach 110 Jahren wurde im Sommer 2008 die Evangelische Kirche zu Ramsau am Dachstein generalsaniert. Alle Fenster, einige Türen, die Turmuhr (Ziffernblätter mit Zeigerwerk), der Turm, die Gesimse, Verputz, Malereien, Ornamente und Schriften, Elektrifizierung, Blitzschutz, u.v.m. wurden im Projekt realisiert.
Für Richard Kogler war dieses Projekt eine Herausforderung. Hat er doch in 45 Berufsjahren am Bau stets nur mit Neubauten oder Umbauten mit modernen, neuen Materialien und Bauweisen zu tun gehabt. Dort konnte er schon von der Planung an seine Ideen und seine Kreativität einfließen lassen. Bei der Kirche war alles schon vorhanden, vorgegeben und es musste besonderes darauf geachtet werden, dass Baustoffe verwendet werden, die eine Sanierung von alten Bauteilen ermöglichen.
Nach dem Kirchweihfest am 10. August – wo die danach stattfindende Benefiz-Verlosung und auch das Bauernbuffet eine großartige finanzielle Starthilfe hervorbrachten – begannen am 11. August die Restaurierungsarbeiten der Außenfassaden der Kirche. Eine Woche später – am 18. August – wurde auch innen mit der Restaurierung begonnen. Bis 3. Oktober war alles fertig. Am 4. Oktober fand dann in der neu restaurierten Kirche der Festgottesdienst für die Veranstaltung „Der Weg des Buches“ statt.
Mit Freude erzählte Hr. Kogler, dass das veranschlagte Budget an Fremdmittel trotz erhöhter Bauaufkommen (die Schäden am Turm waren viel größer als angenommen, einige zusätzliche Notwendigkeiten haben sich erst im Laufe der Arbeiten herausgestellt) eingehalten werden konnte. Dies verdanken wir zum Einem den großzügigen Spendern (Einzelspenden bis zu 3000,– Euro konnten verbucht werden) und vor allem auch den vielen freiwilligen Helfern, die, je nach ihren Möglichkeiten, an die 900 kostenlosen Arbeitsstunden erbracht haben.
Als schwierig erwiesen sich die Restaurationsarbeiten am Turm sowie die Sanierung der Fenster, insbesonders der Radfenster. Hierzu muss man wissen, dass die Verantwortlichen vom Denkmalschutz darauf bedacht sind, alte Materialien, alte Strukturen und alte Bauweisen zu erhalten bzw. einzuhalten. So wurden z. B. 3 Schichten Putz abgeschabt und dabei entdeckte man die ursprüngliche Farbe der Wände, die auch jetzt wieder verwendet wurde. Die Auffrischung der Ornamente und Schriften erforderte vom Maler hohes künstlerisches Können.
Die Fenster wurden mit einem so genannten „Restova Glas“, dass sich durch Lufteinschlüsse und unregelmäßiger Glasstärke kennzeichnet, ersetzt. Sie mussten extra nach Maß baugleich angefertigt werden. Das war eine große Herausforderung für die Tischler und den Glaser, die von allen mit Bravour gemeistert wurden.
Die Ziffernblätter der Turmuhr mussten ebenfalls genau nach altem Muster erneuert werden. Die Montage in Schwindel erregender Höhe war eine schwierige Aufgabe.
Aber auch die Maurer, Maler, Elektriker und alle freiwilligen Helfer waren gefordert und haben erfolgreich dazu beigetragen, dass unsere Kirche nach der nun erfolgten 1. Rundumrestaurierung nach der Eröffnung vor 113 Jahren in neuem Glanz erstrahlt.
Ein besonderer Dank geht von dieser Stelle aus auch an die vielen fleißigen Frauenhände, die es Wochenende für Wochenende möglich machten, dass die sonntäglichen Gottesdienste stattfinden konnten.
Folgende Firmen waren an der Restaurierung der Kirche beteiligt:
Gerüstbau: Erich Wimmer GmbH, 8942 Wörschach; Maurerarbeiten: Fischer Bau GmbH, 8970 Schladming; Malerarbeiten: Weitgasser KG, 8970 Schladming, Fenster u. Türen: Arbeitsgemeinschaft der Tischlereien Wieser – Perhab, Ramsau; Glaserarbeiten: Wolfgang Gressenbauer, 4580 Windischgarsten; Dachdecker u. Spengler: Ferdinand Pachernegg, 8970 Schladming; Elektro und Blitzschutz: Hans Reiter, Ramsau; Ziffernblätter: Schauer & Sachs Ges.m.b.H, 5023 Salzburg; Aussenanlagen: Teerag-Asdag AG, 5550 Radstadt
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BIBELSTEIG WANDERUNG - AUF DEN SPUREN DER SCHMUGGLER
Begleitet von einem Ramsauer Wanderführer, geht die Wanderung entlang des wunderschönen Gosaukamms nach Gosau (Oberösterreich). Dies ist der Weg, den Salzträger schon vor 400 Jahren benutzten, als sie zwischen Salzbrocken verbotene evangelische Schriften zu den Ramsauer Almen und Bauernhöfen geschmuggelt haben. Die Wanderung führt von der Aualm zur Hofpürgelhütte, über den Steiglpass zum Gosausee und mit dem Bus wieder zurück.
GLAUBENSGESCHICHTE
DER WEG DES BUCHES
Die Eröffnung des Weges des Buches war begleitet von einem umfangreichen Festprogramm, unter anderem mit einer Wanderung auf dem „Weg des Buches“ von Ramsau Ort zum Frienerhof in Ramsau. Zuvor aber feierten die Festgäste einen Gottesdienst in der Ramsauer Kirche unter Beteiligung von Bischof Bünker, dem steirischen Superintendenten Hermann Miklas, dem katholischen Theologen und emeritierten Liturgiewissenschaftler Prof. Phillip Harnoncourt sowie unserem Pfarrer.
In seiner Predigt ist Bischof Bünker dem Motiv des Weges in der Bibel gefolgt: „Gleich zu Beginn finden wir einen Weg in der Bibel, nämlich Gott, der im Paradies geht. Auch Abraham bricht mit den seinen auf und macht sich auf den Weg so wie etwa die Apostel, die das Evangelium auf den Weg zu den Menschen bringen. Es ist aber nicht so, dass nun jeder, der sich auf den Weg des Buches macht, automatisch auch alle diese Wege geht.“ Der Weg des Buches sei „nicht als Pilgerweg geplant.“ Zunächst einmal sei es der Weg der geschmuggelten Bibeln und Andachtsbücher, denen die Wanderer folgten. Der „Weg des Buches“ könne aber zu einem persönlichen Pilgerweg werden, „dann nämlich, wenn die Menschen den Weg gehen, den dieses Buch vorzeichnet: Dies ist der Weg des Friedens.“ so Bischof Bünker.
Musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst vom Ramsauer Kirchenchor unter Leitung von Ilse Reiter.
Nach dem Gottesdienst gab es für die über zweihundert Teilnehmer Äpfel, Musik von der Trachtenkappelle Ramsau und Grußworte des Bürgermeisters Helmut Schrempf und des Landtagsabgeordneten Karl Lackner.
Begleitet von Ramsauer Wanderführern ging es dann ein Stück auf dem „Weg des Buches“ von Ramsau Ort zum Frienerhof, wo die 30 Gemeinden entlang des Weges dargestellt und die Familien-Bibel vom Rittishof symbolisch weiter gegeben wurde.
In einem Festzelt folgten Interviews unter anderem mit den Gastgebern Claudia und Georg Berger. Zum Abschluss berichtete Bischof Job Mbwilo aus Tanzania von der Bibelübersetzung in seine Stammessprache. Musikalisch begleitet wurde das Festprogramm von der „Ramsauer Bio Musi“, moderiert hat den Nachmittag Udo Bachmair.
Weitere Informationen unter: Weg des Buches